Interview mit Nelson Ramos Pereira

Das ausführliche Interview mit dem Herausgeber der citymed, Herrn Patrick Magewski mit Herrn Nelson Ramos Schulcz, von Kunsthilftheilen - Schulcz und Pereira in Windisch zum Thema Kunsttherapie

Citymed: Herr Pereira, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Wie würden Sie kunsthilftheilen in einem Satz beschreiben?

Nelson Ramos Pereira: Sehr gerne. Bei kunsthilftheilen steht der Mensch im Zentrum – in seiner Kreativität, seinem Erleben und seinem Bedürfnis nach Ausdruck, ganz ohne Bewertung. Dahinter steht ein klares Verständnis vom Menschen, das ich gern kurz erläutere.

Citymed: Wie würden Sie dieses Menschenbild beschreiben?
Nelson Ramos Pereira: Wir sind überzeugt: Im Gestalten formt sich der Mensch. Der kreative Prozess spiegelt und verändert innere Anteile. Wir verfolgen einen integrativen Ansatz mit Fokus auf unbewusste Prozesse, Beziehungsmuster und Prägungen. Unsere Haltung verbindet eine psychodynamische mit einer humanistischen Kunsttherapie.

Citymed: Was unterscheidet Ihre Arbeit von anderen kunsttherapeutischen Angeboten?

Nelson Ramos Pereira:
Wir verbinden diese tiefenpsychologisch fundierte Kunsttherapie mit klinischer Erfahrung und einem besonderen Fokus auf sensomotorischen Prozessen. Eben dem Zusammenspiel von Körperwahrnehmung, Bewegung und gestalterischem Ausdruck. Zum Einsatz kommen unter anderem das Formenzeichnen, Geführte Zeichnen, die Arbeit am Tonfeld® und das Lösungsorientierte Malen LOM® – Methoden, die unmittelbare Selbstwahrnehmung fördern und Veränderung dort ermöglichen, wo Worte oft nicht mehr weiterhelfen. Ergänzend bieten wir das Malspiel in einem schützendem Malort an – eine Form des freien Ausdrucks, bewusst frei von therapeutischen oder pädagogischen Zielsetzungen.

Citymed: Was genau ist das Malspiel, das Sie anbieten?

Nelson Ramos Pereira: Das Malspiel, wie wir es verstehen, geht auf Arno Stern zurück. Es ist ein zweckfreies Malen mit hochwertigen Materialien in einem Raum, in dem keine Bewertung stattfindet. Es ermöglicht freie Entfaltung, stärkt das Selbstvertrauen und bietet Geborgenheit. Für Kinder und Erwachsene gleichermassen. Aus dem Spiel heraus entsteht eine Spur, der wir malend schlicht folgen dürfen.

Citymed: Gibt es Altersgrenzen oder Zielgruppen für das Malspiel?

Nelson Ramos Pereira
: Der Malort findet in altersgemischte Gruppen statt: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, auch Senior:innen. Alle profitieren von der Freiheit, ohne Vergleich und Leistungsdruck kreativ zu sein – und dabei in ein tiefes, sinnstiftendes Tun zu finden.

Citymed: Und wie sieht die ambulante Kunsttherapie bei Ihnen aus?

Nelson Ramos Pereira:
In der ambulanten Einzelkunsttherapie begleiten wir Menschen mit psychischen, emotionalen oder körperlichen Belastungen. Diese kreativen Prozesse finden in einem geschützten, vertraulichen Rahmen statt, meist einmal pro Woche über mehrere Wochen hinweg. Künstlerisches Arbeiten eröffnet dabei einen Erfahrungsraum, in dem komplexe Gefühle, innere Spannungen oder biografisch geprägte Themen sichtbar und gestaltbar werden, jenseits sprachlicher Zugänge. Gerade bei Menschen mit Traumafolgestörungen, chronischem Stress oder psychosomatischen Beschwerden bietet Kunsttherapie einen Zugang. Kunsttherapie, wie wir sie verstehen, ermöglicht dort neue Handlungsspielräume, wo zuvor Ohnmacht erlebt wurde.

Citymed: Arbeiten Sie auch mit Kindern?

Nelson Ramos Pereira: Ja. Gerade Kinder profitieren stark von nonverbalen Ausdrucksformen. Wir arbeiten eng mit Eltern und, wenn nötig, mit Fachpersonen aus Schule oder Therapie zusammen. Ganz besonders Kleinkinder nutzen dreidimensionales Gestalten oder das absichtslose Malen als unmittelbare Ausdrucksform für nichtsprachlich fassbare Erfahrungen.

Citymed: Sie bieten auch Selbsterfahrung und Lehrtherapie an?

Nelson Ramos Pereira: Richtig. Das ist besonders für Menschen in der Ausbildung zur Kunsttherapie wichtig. Die Teilnehmer:innen erleben dabei selbst, wie sich therapeutisches Arbeiten im künstlerischen Medium anfühlt. Ich biete diese Einheiten im Einzelsetting an und bestätige sie schriftlich für die Anerkennung durch die OdA Artecura.

Citymed: Wie können sich Interessierte anmelden oder mehr erfahren?

Nelson Ramos Pereira: Ganz unkompliziert: per E-Mail oder telefonisch. Es gibt Semester- und Jahresplätze. Bei der Kunsttherapie beginnt alles mit einem Erstgespräch. Wichtig sind uns der persönliche Kontakt und ein individuelles Eingehen auf die jeweilige Lebenssituation. Übrigens: Unsere Klient:innen kommen nicht nur aus der Region Brugg-Windisch. Auch aus Zürich, Basel, dem Freiamt und sogar aus Bern werden wir gezielt aufgesucht.

Citymed: Was liegt Ihnen, am Ende unseres Interviews, persönlich am meisten am Herzen, wenn Sie Ihre Arbeit betrachten?

Nelson Ramos Pereira:
Das ist eine schöne letzte Frage. Nici und mir liegt besonders am Herzen, dass im gestaltenden Tun Räume für neue Bilder entstehen: von sich selbst, vom Leben, von dem, was möglich ist. Diese Erfahrung möchten wir teilen: als Gastgeber:innen für Begegnung, Resonanz und Veränderung.

Citymed: Herzlichen Dank für das inspirierende Gespräch.

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