Sexualtherapie Interview FSS

Das ausführliche Interview mit Herrn Patrick Magewski, Herausgeber der Citymed und Frau Denise Fuchs, Co-Präsidentin des FSS – Fachverband für Sexologie Schweiz
Citymed im Gespräch über Sexologie, sexuelle Gesundheit und die Bedeutung qualifizierter Fachpersonen
citymed: Frau Fuchs, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen. Für unsere Leserinnen und Leser: Was genau ist der Fachverband für Sexologie Schweiz (FSS) und welche Aufgaben erfüllt er?
Denise Fuchs: Der FSS vernetzt Sexolog:innen und Sexualpädagog:innen in der Schweiz und vertritt ihre berufspolitischen Interessen. Wir setzen uns für das gesellschaftliche und wissenschaftliche Ansehen der Sexologie ein und fördern die Umsetzung sexueller Gesundheit und sexueller Rechte gemäss WHO und IPPF.
citymed: Was sind die zentralen Ziele des Verbandes?
Denise Fuchs: Der FSS verfolgt das Ziel, Sexualtherapie krankenkassenanerkannt und somit zugänglich für eine grosse Mehrheit zu machen. Er unterstützt Sexolog:innen und Sexualpädagog:innen bei Ihrer Arbeit, Selbständigkeit, Bekanntmachung und Vernetzung. Auch vertritt der FSS das Berufsfeld der Sexologie in der Öffentlichkeit mit dem Ziel, mehr Menschen darüber zu informieren, was Sexologie überhaupt ist.
citymed: Was zeichnet eine qualifizierte Sexologin oder einen qualifizierten Sexologen aus?
Denise Fuchs: Sexolog:innen begleiten Menschen bei allen Anliegen rund um Sexualität – unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Beziehungsform. Sie bieten sexualpädagogische, sexualberaterische oder sexualtherapeutische Angebote an und verfügen über fundierte, geprüfte Ausbildungen. Der FSS stellt sicher, dass sich alle Mitglieder kontinuierlich weiterbilden.
citymed: Sexualität ist ein sensibles Thema. Womit wenden sich Klient:innen typischerweise an eine Fachperson?
Denise Fuchs: Die Spannbreite ist gross: Erektionsprobleme, frühzeitiger Samenerguss, Lustlosigkeit oder Schmerzen, aber auch Schwierigkeiten nach traumatischen Erlebnissen oder Fragen zu Identität, sexueller Orientierung oder Beziehungsgestaltung. Viele Menschen kommen mit einem enormen Leidensdruck zu uns – häufig in der Annahme, „fehlerhaft“ zu sein. Hier leisten wir wichtige Aufklärung und Unterstützung.
citymed: Ein grosses Thema ist der therapeutische Ansatz nach Sexocorporel. Welche Bedeutung hat er?
Denise Fuchs: Sexocorporel ist eine körperorientierte Sexualtherapieform. Sie geht davon aus, dass viele sexuelle Störungen weniger psychische Ursachen haben, sondern aus Grenzen im sexuellen Lernprozess entstehen. Deshalb arbeitet dieser Ansatz stark mit Körperwahrnehmung und konkreten Bewegungsmustern. Gerade für Menschen mit hoher Anspannung ist Sexocorporel ein sehr hilfreicher Ansatz.
citymed: Wie reagiert das Schweizer Gesundheitssystem darauf?
Denise Fuchs: Der Bedarf ist gross, aber leider werden sexualtherapeutische Leistungen wie bereits erwähnt in den meisten Fällen immer noch nicht von der Krankenkasse übernommen – selbst, wenn sie wirksam und notwendig sind. Das ist aus unserer Sicht ein Ungleichgewicht, und der FSS setzt sich dafür ein, diese Lücke zu schliessen.
citymed: Welche Rolle spielt die Sexualpädagogik in der Gesellschaft?
Denise Fuchs: Eine sehr wichtige. Sexualpädagog:innen fördern Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer sexuellen Entwicklung – etwa durch Workshops, Schulungen oder Unterricht. Sie tragen dazu bei, Wissen, Selbstbestimmung und Prävention zu stärken, was wiederum die Gesellschaft als Ganzes schützt. Insgesamt hilft Sexualpädagogik, dass Menschen informierte Entscheidungen treffen können und ein Klima entsteht, das Vielfalt akzeptiert und Diskriminierung abbaut.
citymed: Wie stellt der FSS die Qualität seiner Mitglieder sicher?
Denise Fuchs: Über klare Berufsstandards, transparente Anerkennung von Bildungswegen und regelmässige Überprüfung der Qualifikationen durch die Aktualisierung von Qualifikationsnachweisen.
citymed: Wie nehmen Sie die Rolle der Sexologie in der Öffentlichkeit wahr?
Denise Fuchs: Es besteht mehr Offenheit als früher, aber gleichzeitig auch viele Missverständnisse. Sexualität ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheit – körperlich wie psychisch. Unser Ziel ist es, die Sexologie als anerkannte, seriöse und wissenschaftlich fundierte Fachrichtung sichtbar zu machen.
citymed: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Berufsstandes?
Denise Fuchs: Mehr gesellschaftliche Anerkennung, stärkere politische Unterstützung und vor allem eine breitere Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Wir möchten, dass mehr Menschen Zugang zu qualifizierter sexualtherapeutischer oder sexualpädagogischer Begleitung erhalten können.
citymed: Liebe Frau Fuchs, herzlichen Dank für das Interview und die wichtigen Einblicke in Ihre Arbeit.
Denise Fuchs: Ich danke Ihnen – es freut mich sehr, dieses bedeutende Thema gemeinsam zu beleuchten.